„Ich möchte gemeinsam mit dem Verein eine DNA aufbauen”
Vor dem anstehenden Auswärtsspiel gegen den SC Wiedenbrück haben wir mit unserem Trainer René Klingbeil gesprochen. Im Interview geht es um den Saisonstart, die Pläne mit der Mannschaft, das Verletzungspech und seine Trainer-Vorbilder.
Wie zufrieden blickst du auf den Saisonstart deiner Mannschaft zurück?
Es war etwas holprig. Das haben wir uns nicht so vorgestellt. Wir hatten zu Beginn 20 neue Spieler, vier Spieler sind nochmal hinzugekommen, und bei einem Kader von 29 Spielern sind es nur fünf Spieler, die hiergeblieben sind. Das war ein enormer Umbruch. Du hast dann viel Arbeit vor dir, aber ich bin sehr froh und glücklich, dass die Jungs den Bock umgestoßen haben und sich für ihre harte Arbeit belohnt haben. Zufrieden darfst du als Trainer nie sein, aber wir sind mit den letzten zwei Siegen in die Spur gekommen. Ich hoffe, dass wir so weitermachen. Es wird kein Selbstgänger sein, das heißt, wir müssen da schon aufpassen. Der Anfang hätte besser sein können, aber unter diesen Voraussetzungen und mit den letzten Siegen, unter anderem gegen den Tabellenführer, können wir leben. Wir versuchen, den Weg weiterzugehen.
Inwiefern siehst du deine Spielidee von der Mannschaft schon auf den Platz gebracht?
Das ist eine sehr gute Frage. Im Grunde sind wir im Trainer-Team sehr akribisch und möchten den Jungs etwas auf den Weg geben und sie entwickeln. Genau deswegen bin ich hier angetreten, um auch junge Spieler weiterzubringen. Wir konnten unter anderem schon Hugo Schmidt und auch Kilian Bielitza einsetzen. Es ist ein Prozess und ein langer Weg, bis sie das in die Köpfe kriegen und es so verinnerlichen, wie wir uns das vorstellen. Aber sie setzen es gut um, haben ein offenes Ohr und sind gut aufnahmefähig. Das freut mich auf jeden Fall. Man sagt, man braucht bis zu einem Jahr, um das einzuimpfen. Wir sind sehr fleißig und versuchen, jeden Tag weiterzukommen. Am Ende der Saison können wir anhand des Tabellenplatzes Weiteres analysieren.
Vereinfacht es dir die Arbeit als Trainer mit so vielen Neuzugängen, deine Spielphilosophie der Mannschaft zu vermitteln?
Mit den Neuzugängen sind auf jeden Fall Qualitäten dazugekommen. Mit den zwei neuen Spielern aus der zweiten Mannschaft des FC Bayern München sind Spieler hinzugekommen, die dort eine sehr gute Ausbildung genossen haben. Sie sind noch jung, aber schon sehr weit. Mit Bornemann hast du jemanden, der aus der 3. Liga kommt und auch die Regionalliga West sehr gut kennt. Das heißt, du hast einen Spieler, der für uns qualitativ sehr viel beiträgt. Bejdic hat sich leider am Kreuzband verletzt, hatte sich aber in der ersten Woche, unter anderem auch mit seinem Tor, gut eingelebt. Klar helfen die Neuzugänge, und je mehr Konkurrenzdruck die Spieler intern haben, desto mehr spornt es sie auch an. Das ist wie in der freien Wirtschaft: Wenn es nur eine Zeitung gibt, dann wird sie immer gekauft, aber wenn es mehrere Zeitungen gibt, dann musst du dir große Mühe geben, damit deine Zeitung gekauft wird. Das gebe ich den Jungs immer genauso weiter. Dieser interne Konkurrent ist eigentlich dein Freund und nicht dein Feind, denn er wird dich auf eine andere Stufe bringen. Das wird uns auch dabei helfen können, den Jungs unsere Idee und unsere Pläne weiterzugeben.
Wie gehst du mit dem Verletzungspech momentan um und wie kannst du es dir erklären?
Du hast immer diese Phasen in der Saison. Es ist nicht sehr schön, dass wir diese Phase direkt am Anfang haben. Irgendwann werden wir wieder eine Phase haben, in der wir 26 + 3 zur Verfügung haben. Dann hast du auch ein paar Jungs, mit denen du etwas Pech hast. Zum Beispiel mit Wimmer, der sich nach 20 Minuten Training am Knöchel verletzt hat. Auch Bejdic, der eine Woche lang mittrainiert hat und sich dann bei einem Zweikampf verletzt hat. Mit Atmaca hast du auch jemanden, der immer mal wieder mit Schulterproblemen zu tun hat. Wir wollen die Situation nicht schönreden, sie ist nicht zufriedenstellend. Jetzt sind wir in einer Phase, in der Spieler wie Atmaca, Joep Munsters und Demir nach und nach zurückkommen. Das freut mich natürlich. Wir fiebern auf den Punkt hin, an dem wieder fast alle fit sind. Es ist nie schön, wenn Spieler verletzt sind.
Was sind deine Pläne für die nächsten Spiele, in welchen Aspekten möchtest du noch kurzfristig Verbesserung sehen?
In der aktuellen Situation sollten wir nur von Spiel zu Spiel schauen. Wir haben auch monatliche Pläne, aber es ist auch wichtig auf die kurzfristigen Ziele zu schauen. Die nächsten drei Spiele gegen Wiedenbrück, Schalke und Rödinghausen sind Spiele die erstmal gespielt und gewonnen werden müssen. Jetzt schauen wir einzig und allein auf dieses anstehende Freitag Spiel. Gegen den SC Wiedenbrück. Wir hatten vergangene Woche viel Zeit, um auch wieder Power mit reinzubekommen und uns auf den nächsten Schritt vorzubereiten. Dann möchten wir nach jedem Schritt schauen, wo wir stehen. Das ist jetzt unser Credo. In der kurzfristigen Verbesserung möchten wir immer weiter an der Körperlichkeit arbeiten und auch fußballerisch den Spielern immer mehr Sachen eintrichtern. Das sind momentan unsere täglichen Aufgaben.
Was sind deine Ziele für deine erste Saison mit deiner Mannschaft?
Vor 14 Tagen, vor den Spielen gegen Düsseldorf und Köln, waren wir auf Tabellenplatz 18. Vor den zwei Siegen hätten wir gesagt, wenn wir am Ende auf Platz 12 landen und gesichert sind, würden wir das sofort unterschreiben. Das ist halt der Fußball, er ist eine Momentaufnahme. Jetzt sagen viele man kann schon nach oben schielen auf einen einstelligen Tabellenplatz, vor allem wenn wir auch im September gut performen. Für mich ist es aber wichtig, dass wir die Mannschaft erstmal stabilisieren und von unten wegkommen. Ein mittelfristiges Ziel ist es auch, dass wir weiter auf die Spielerentwicklung schauen und wir die jungen Spieler weiter einsetzten können. Letztes hatten wir die Situation, dass wir gegen Hohkeppel drei neue Spieler ins kalte Wasser schmeißen mussten. Das war für die Jungs auch nicht einfach und ich möchte sie auch nicht verbrennen. Ich wollte sie nicht zu schnell ins Leere laufen lassen. Mir gefällt es lieber, wenn du ein Grundgerüst hast, wie gegen Fortuna Köln. Du hast einen Spieler, wie mit Bielitza, den du reinschmeißt und der sein Debüt gibt. Er wird dann von dem Mannschaftsgerüst aufgefangen und getragen. Mir würde es gefallen, wenn wir dahingehend gesichert sind und wir die neuen Spieler ohne Probleme reinschmeißen können. Natürlich sollen sie auch mit Druck umgehen können, dieser darf aber nicht zu groß sein. Die Mannschaft hat in der vergangenen Zeit bewiesen, dass sie mit Druck umgehen kann, aber für die Spielerentwicklung ist das nicht förderlich.
Kommen wir mal zu dir. Das ist erst deine zweite Station als Cheftrainer. Was würdest du sagen, inwiefern siehst du hier in Wuppertal die Möglichkeit deine Trainerfähigkeiten zu entfalten?
Rein in der Historie waren es glaube ich zehn Trainer in den letzten vier Jahren. Das ist eine schlechte Statistik. Erstmal bin ich sehr dankbar, dass der Verein mir diese Möglichkeit gibt. Ich war vorher viel im Nord-Osten unterwegs und wollte mit meiner A-Lizenz unbedingt eine andere Station in einer anderen Regionalliga haben. Mir öffnet es hier die Möglichkeit mich zu zeigen und mein Können zu beweisen. Schön wäre es, wenn ich die nächsten drei Jahre hier arbeite. Ich glaube, wenn man meine Spieler- und Trainerstationen sieht, dann merkt man, dass ich immer lange geblieben. Ich war sieben Jahre Spieler bei Erzgebirge Aue, ich war fünf Jahre bei Borussia Mönchengladbach und als Trainer war ich vier bis fünf Jahre bei Carl Zeiss Jena. Heutzutage wird das Hemd schnell gewechselt, aber manchmal macht es Sinn ruhig zu bleiben und langfristig etwas aufzubauen. Das ist ein Ziel, das ich hier habe. Ich möchte gemeinsam mit dem Verein eine DNA aufbauen. Mich würde es sehr freuen, wenn wir diesen Weg lange gehen.
Wie hoffst du, dass der WSV dir dabei helfen kann dich, auch für deine zukünftigen Aufgaben, weiterzuentwickeln?
Der Verein und die Verantwortlichen, der Vereinsvorstand, der Geschäftsführer und Sportdirektor, strahlen alle eine Ruhe aus. Auch direkt zum Anfang, als es noch nicht ganz lief. Wir haben uns immer wieder ausgetauscht über die sportliche Entwicklung und über die Entwicklung des Vereins. Das gibt einem jungen Trainer auch immer Rückenwind. Je mehr Ruhe sie ausstrahlen, desto mehr Ruhe strahlst du selbst aus und das projizierst du auch auf die Mannshaft. Der Verein hat zum Anfang ein sehr gutes Krisenmanagement bewiesen. Wir möchten aber nicht zur Krise zurück, sondern weiter nach vorne kommen und uns sichern. Ich glaube die absolute Ruhe zu bewahren ist ein guter Weg und an seinem Weg muss man glauben. Man muss mit dem Trainer-Team, mit Adli Lachheb, mit Christian Fohs und René Grabowski als Torwart-Trainer, Energie reinbringen und die Spieler weiterentwickeln.
Du bist in deiner Spielerkarriere einige Trainer begegnet. Gibt es jemanden der dir besonders in Gedächtnis geblieben ist, jemand dessen Spielidee oder Kommunikation mit der Mannschaft du auch in deiner Trainerarbeit mitnimmst?
Ich hatte einen guten Querschnitt von Trainern. Hans Meyer war beispielsweise mein erster Profi-Trainer. Ich habe heute noch Angst vor ihm, wenn ich ihm begegne. Ich habe ihn letztens in Jena getroffen und ihm gesagt: „Hans ich habe Angst vor dir. Du hast nie mit mir gesprochen und mich nur angebrüllt”. Das war auf jeden Fall nicht ganz einfach. Ich glaube, dass diese Art von Trainer langsam aussterben. Huub Stevens war auch ein Typ, der gar nicht mit dir gesprochen hat und sehr hart war. Als junger Spieler musstest du dich da durchbeißen. Ich fand Trainer, wie zum Beispiel Thomas Doll, für meine Entwicklung wichtig. Er war sehr kommunikativ und hat auch mit jungen und alten Spielern sehr gut gearbeitet. Sein modernes Training, seine Aura und seine Präsenz konnten mir viel geben und ich glaube, dass ich mir von ihm viel mitgenommen habe. Ich habe auch bis heute noch mit ihm Kontakt. Seine letzte Station ist im Ausland gewesen, in Indonesien. Er war auch in Hamburg, Dortmund und der Türkei unterwegs. Da merkt man, dass ein Trainer mit dieser Art und Weise einen guten Weg gehen kann. Diesen finde ich für mich auch den richtigen Weg und den versuche ich hier zu erfüllen.
Hast du generell ein Trainer Vorbild? Von wem lässt du dich am meisten Inspirieren?
In der Spielerkarriere begegnest du sehr viele Trainer. Als Co-Trainer habe ich auch mit vielen Trainern zusammengearbeitet und das war auch nochmal wie eine Ausbildung. Ich kann jedem Trainer Empfehlen eine Co-Trainer Karriere mitzunehmen. Du saugst dort vieles auf und nimmst dir vieles an. Herangehensweisen, die du nicht magst, schiebst du weg und so findest du deinen eigenen Weg. Du musst deinen eigenen Stil finden, authentisch bleiben und keinen kopieren. Am meisten verfolge ich Thomas Doll. Das ist ein Trainer, der eine Art Vorbild und Mentor für mich ist. Einen Trainer, den man auch nicht vergessen darf, ist Holger Fach. Das ist jemand, der hier wohnt und auch ein Jugendtrainer von mir war. Er konnte mir sehr viel mitgeben und war zumindest zur Gladbacher Zeit der Einzige, der an mich geglaubt hat. Mit ihm tausche ich mich auch sehr viel aus und man kann sagen, dass er auch Mentor-Fähigkeiten besitzt.
Wir danken René Klingbeil und wünschen viel Erfolg für die weitere Spielzeit!